Kurzanalyse

Erfolgsfaktoren einer Commercial Due Diligence im Bau-, Bauzulieferer- und Infrastruktursektor

Worauf Investoren achten sollten
Der Bausektor gilt als eine der volatilsten und komplexesten Industrien. Viele Faktoren, von Materialkosten und Umweltauflagen bis hin zu Marktzyklen und technologischem Fortschritt, beeinflussen die Wertschöpfung von Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von den Zulieferindustrien, Handelsstrukturen, Planern und Entwicklern über Bauausführung / Installation bis hin zu Software und Gebäudebewirtschaftung. Aus diesem Grund ist eine fundierte Commercial Due Diligence (CDD) entscheidend, um Investoren eine präzise Einschätzung zu geben, bevor sie eine Akquisition tätigen.
 
Doch was zeichnet eine gute Commercial Due Diligence speziell für den Bau-, Bauzulieferer- und Infrastruktursektor (Construction, Industrial, Infrastructure, Energy) aus? Hier sind die wesentlichen Aspekte, die Investoren unserer Ansicht nach beachten sollten; denn selbstverständlich muss eine CDD klar strukturiert, analytisch hochwertig und "bankable" sein. Gleichzeitig ist es jedoch zentral, nach der ersten Identifikation möglicher Red Flags den Blick auf die Value Creation zu lenken – und damit Fragen hinsichtlich Valuation, Strategie, Buy & Build und Exit-Logik von morgen zu beantworten.
1. MARKTANALYSE: Der Schlüssel zum Verständnis von Angebot und Nachfrage
Im Bauwesen sind Marktzyklen besonders ausgeprägt. Die Nachfrage nach Bauleistungen kann stark schwanken, abhängig von Faktoren wie Konjunkturzyklen, staatlichen Infrastrukturinvestitionen oder dem Immobilienmarkt. Allerdings gilt dies für viele der feingliederigen Nischen der Bauwirtschaft eingeschränkt oder gar nicht. Eine gute CDD liefert tiefgehende Einblicke in die relevanten Märkte sowie den echten Volumen- und Preisdynamiken, in denen das Zielunternehmen tätig ist.
 
Wichtige Fragen für Investoren:
 
  • Wie entwickelt sich die Nachfrage in den relevanten Regionen und Segmenten (Wohnungsbau, gewerblicher Bau, Infrastruktur) und welchen Impact hat der Switch vom Fokus auf Einfamilienhaus-Neubau zu Mehrgeschossbau und vor allem Sanierung?
  • Gibt es branchenspezifische Trends wie nachhaltiges Bauen und Sanieren, BIM (Building Information Modeling) oder neue gesetzliche Anforderungen, die das Geschäft nachhaltig beeinflussen?
  • Ist das relevante Unternehmen wirklich beeinflusst von der klassischen Bauzyklizität oder befindet es sich in einem Marktsegment, welches davon isoliert ist?
  • Bestehen neben den Volumen- auch Preispotentiale in angrenzenden Marktsegmenten bzw. besteht ein Preisrisiko, welches sich aufgrund entscheidender Veränderungen im Markt ergibt?
 
 
2. WETTBEWERBSANALYSE: Positionierung im Markt
Die Bauindustrie ist stark fragmentiert, mit vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie einigen großen Playern. Eine präzise Wettbewerbsanalyse ist essenziell, um die Position des Zielunternehmens im Markt zu verstehen.
 
Wichtige Fragen für Investoren:
 
  • Zu welchen Unternehmen steht das Asset im Wettbewerb und wie stark ist der Wettbewerb in den Kernmärkten des Unternehmens?
  • Welche Differenzierungsmerkmale hat das Unternehmen, um sich von der Konkurrenz abzuheben (z. B. technische Expertise, Kostenstruktur, Kundenbeziehungen)?
  • Wie performt das Asset im Vergleich zu den wesentlichen Differenzierungsfaktoren im Vergleich zu den Kernwettbewerbern und wo liegen Optimierungspotentiale (Benchmarking)?
  • Welche Veränderungen stehen im Wettbewerb an und wie beeinflussen diese die Volumen- und Preispotentiale des Assets?
 
 
3. KUNDENANALYSE: Bindung und Diversifikation
Ein wichtiger Aspekt jeder Commercial Due Diligence ist die Analyse der Kundenstruktur des Zielunternehmens. Im Bausektor ist es entscheidend, die Diversifikation des Kundenstamms zu überprüfen, um Risiken durch die Abhängigkeit von wenigen Großkunden zu minimieren.
 
Wichtige Fragen für Investoren:
 
  • Wie diversifiziert ist der Kundenstamm des Unternehmens?
  • Gibt es langfristige Verträge oder Rahmenverträge, die zukünftige Umsätze sichern?
  • In welchen Branchen sind die Hauptkunden verortet (z. B. öffentliche Auftraggeber, private Bauherren) und was sind Erfolgsfaktoren in der Marktbearbeitung?
  • Wie erfüllt das Asset diese Key Performance Criteria (KPC) in der Marktbearbeitung?
 
 
4. PROJEKTRISIKEN UND AUFTRAGSSTRUKTUR: Qualität vor Quantität
Die Art und Struktur der laufenden Projekte eines Assets in der Bau- und Infrastrukturwirtschaft haben großen Einfluss auf die Bewertung. Nicht jedes Projekt ist gleich profitabel, und einige können hohe Risiken bergen – insbesondere in Bezug auf Zeitrahmen und Budget.
 
Wichtige Fragen für Investoren:
 
  • Wie ist die Auftragsstruktur geprägt (kurzfristige vs. langfristige Projekte, Churn, Abhängigkeiten und Profitabilitätsunterschiede etc.)?
  • Gibt es komplexe Großprojekte, bei denen Risiken wie Kostenüberschreitungen oder Verzögerungen bestehen?
  • Hat das Unternehmen eine erfolgreiche Historie bei der termingerechten und budgetkonformen Projektdurchführung?
 
 
5. NACHHALTIGKEITSFAKTOREN: ESG-Kriterien und grüne Bauprojekte
Nachhaltigkeit gewinnt in der Bauwirtschaft immer mehr an Bedeutung. Viele Investoren legen zunehmend Wert auf die Einhaltung von ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance). Ein Bauunternehmen, das auf nachhaltige Baupraktiken setzt, kann nicht nur neue Marktchancen nutzen, sondern auch regulatorische Risiken minimieren.
 
Wichtige Fragen für Investoren:
 
  • In welchem Umfang setzt das Unternehmen auf nachhaltige Bauweisen und energieeffiziente Technologien?
  • Wie gut ist das Unternehmen auf kommende ESG-Vorgaben vorbereitet?
  • Gibt es Zertifizierungen oder Auszeichnungen für umweltfreundliches Bauen?
 
 
6. FINANZIELLE PERFORMANCE UND BUSINESSPLAN: Realismus versus Optimismus
Ein zentrales Element jeder Due Diligence ist die Analyse der finanziellen Performance und der Bewertung des Businessplans. Besonders im Bausektor können Faktoren wie Projektverzögerungen, Materialpreissteigerungen und Liquiditätsengpässe die finanzielle Lage stark beeinflussen. Eine gründliche Prüfung der Annahmen im Businessplan ist daher unerlässlich.
 
Wichtige Fragen für Investoren:
 
  • Gibt es historische Schwankungen in Volumen und Preisen, welche nicht durch korrelierende Entwicklungen auf der Marktseite erklärt werden können?
  • Sind die finanziellen Prognosen des Zielunternehmens realistisch angesichts der aktuellen Marktlage?
  • Gibt es wesentliche Kostensteigerungen, die nicht ausreichend in den Planungen berücksichtigt wurden?
 
 
7. ZUKÜNFTIGE WACHSTUMSCHANCEN: Trends und Innovationen im Blick
Eine gute Commercial Due Diligence identifiziert nicht nur potenzielle Risiken, sondern auch Chancen für zukünftiges Wachstum. Der Bausektor steht vor einem Wandel: Themen wie nachhaltiges Bauen, Digitalisierung und Automatisierung spielen eine immer größere Rolle.
 
Wichtige Fragen für Investoren:
 
  • Wie gut ist das Unternehmen auf zukunftsweisende Trends wie den Einsatz von umweltfreundlichen Baustoffen oder Smart-Building-Technologien vorbereitet?
  • Gibt es Wachstumschancen durch geografische Expansion oder durch die Erschließung neuer Marktsegmente?
  • Erfüllen Organisation, Prozesse und Systeme die wesentlichen Anforderungen der Kunden und erlauben sie starkes organischen / anorganischen Wachstum in Zukunft?
  • Welche Potentiale bestehen in Marktbearbeitung, Portfoliomanagement, Pricing etc.?
 
 
Fazit: Eine fundierte Commercial Due Diligence ist entscheidend für den Erfolg im Bausektor und Infrastrukturbereich
Für Investoren im Bausektor ist eine gründliche Commercial Due Diligence von entscheidender Bedeutung, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Neben der klassischen Analyse von Markt, Wettbewerb und Finanzen ist es vor allem wichtig, die branchenspezifischen Risiken und Chancen im Auge zu behalten. Vom Projektmanagement über die finanzielle Performance bis hin zur Nachhaltigkeit – eine umfassende Prüfung aller relevanten Faktoren kann den Unterschied zwischen einem erfolgreichen Investment und einem teuren Fehlschlag ausmachen.

Investoren sollten daher auf eine Beratung mit tiefem Branchenwissen und fundierter Erfahrung im Bausektor setzen, welche sowohl organische als auch anorganische Potentiale im Auge hat (Strategie, Value Creation und M&A), um die volle Bandbreite an Potenzialen und Risiken richtig einzuschätzen.

Ihr Ansprechpartner

Christoph Blepp
Christoph BleppManaging Partner

Christoph ist Gründungspartner der S&B Strategy GmbH und verantwortet den Bereich Strategieentwicklung und -umsetzung.

Er verfügt über 17 Jahre Erfahrung als Offizier, Strategieberater und Geschäftsführer, die er bei der PwC Deals Strategy, kleineren Beratungen und der Bundeswehr gesammelt hat. Er studierte Politikwissenschaften und VWL an der Universität der Bundeswehr München und absolvierte einen MBA an der WFI.