Interview

Technologisierung in der Bauindustrie

„Die gesamte Wertschöpfungskette der Bauindustrie wird sich verändern.“ – Christoph Blepp, Partner Strategie bei S&B Strategy

Über die Digitalisierung der Bauindustrie wird schon seit Langem geredet. Was ist jetzt anders?

Die Evergreen-Themen der Bauindustrie sind schon seit Jahren der Fachkräftemangel und die steigende Komplexität der Gebäudehülle. Die technologische Entwicklung, das aktive Ausgestalten der Möglichkeiten mit Building Information Modelling (BIM) durch die großen Generalunternehmer und der Zwang zur Remote-Arbeit während der Corona-Krise wirken nun aber wie Brandbeschleuniger. Die Kosten- und Zeitgewinne durch die Nutzung digital gestützter Bauprozesse sind erheblich – das wird anhand der Erfahrungen, insbesondere bei größeren Projekten, immer deutlicher.

Welche Segmente sind besonders von neuen Technologien und der Digitalisierung betroffen?

Insbesondere die Segmente, bei denen die technologische Komplexität und damit der Personalmangel stark ausgeprägt sind, weisen eine hohe Dynamik auf. Hier sind schlanke Prozesse, Automatisierung, Fokussierung auf die wesentlichen Wertschöpfungsschritte und Fähigkeiten sowie strategisch ausgerichtete Investitionen erforderlich. Beispiele sind Systemintegratoren, Sensor- und Aktorhersteller, Modul- und Interimsbauer oder das gesamte Subsegment der komplexen Heizung-/ Lüftung-/ Klima-/ Sanitärinstallation (HLKS) – vom Hersteller der Systemgeräte bis hin zum spezialisierten Planungs- und Installationsbetrieb.

Wo ergeben sich hierbei attraktive Chancen für Investoren?

Natürlich gibt es im Software-Segment spannende Lösungen, allerdings sind diese entweder sehr groß (siehe Thinkproject) oder noch sehr klein und kaum profitabel (siehe Bobbie). Dennoch lohnt sich oft ein zweiter Blick bei bereits etablierten Playern, die beispielsweise Connected Construction Platforms, Planungstools oder Ausschreibungsmanagement-Software anbieten. Darüber hinaus besteht im gesamten ausführenden Segment der Bauindustrie ein enormes Konsolidierungspotential. Vor allem größere Ausbauer und Installateure verfügen über genügend Feuerkraft, um das Thema Digitalisierung auch wirklich voranzutreiben und sich so nachhaltig zu differenzieren – jedoch gibt es Stand heute nicht so viele dieser Spieler. Denn für die aktive Konsolidierung durch kleinere Unternehmen fehlen ihnen sowohl die Erfahrung, als auch die finanziellen Mittel. Gerade in der Bauindustrie wird ESG – hier vor allem das E und das G – immer wichtiger und bietet in erster Linie in vielen Subsegmenten auch eine Chance zur Differenzierung und Preisoptimierung und sollte deshalb zumindest in der Strategieumsetzung betrachtet werden.

Christoph Blepp

Christoph ist Gründungspartner der S&B Strategy GmbH und verantwortet den Bereich Strategieentwicklung und -umsetzung.

Er verfügt über 17 Jahre Erfahrung als Offizier, Strategieberater und Geschäftsführer, die er bei der PwC Deals Strategy, kleineren Beratungen und der Bundeswehr gesammelt hat. Er studierte Politikwissenschaften und VWL an der Universität der Bundeswehr München und absolvierte einen MBA an der WFI.

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